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Verteilt mehr Sternenstaub – Teil 2!

Pierre Nierhaus führte einst 13 gastronomische Betriebe mit 400 Mitarbeitern. Heute ist er als Gastroberater und Gastrotrendexperte in der ganzen Welt unterwegs. Jedes Jahr veröffentlicht er einen Gastrotrendreport zu den neuesten Trends. Unser Trendscout Thomas Askan Vierich hat mit ihm über Herausforderungen und Lösungen in der Postpandemie-Gastronomie gesprochen. Teil 2 des ausführlichen Gesprächs.

Thomas Askan Vierich: Die Leute gehen vielleicht weniger essen, quantitativ, aber wenn, dann legen sie Wert auf Qualität und guten Service. Diesen Gast muss ich halt kriegen. Wenn er nur einmal die Woche oder im Monat essen geht und eben ein soziales Bewusstsein hat und auch ein Tierschutzbewusstsein, dann muss ich dem transparent meine Speisen anbieten. Und dann kommt er eben zu mir und geht nicht zum Billigwirten an der Ecke. Darin liegt doch meine Chance!

Pierre Nierhaus: Ja, lieber seltener und besser. Man kann sich das vielleicht nicht jeden Tag erlauben, aber, und das ist der andere Punkt: Der Wirt muss an seine Positionierung denken und damit auch an seine Prozesse. Ich muss mich klar positionieren, das heißt, ich muss sagen, wofür ich stehe. Wenn ich Tradition mache, dann darf ich nicht sagen, ich mache noch einen Souvlaki und ich habe noch Spaghetti Bolognese, weil der Nachbar verkauft das so gut. Damit habe ich mich irgendwann verwässert. Ich muss mich auf meiner Karte auf meine Stärken beschränken, Sachen weglassen, wenn sie nicht zum Konzept passen. Sogar auch, wenn ich sie gut verkaufe.

Ich hatte mal in einer Beratung mit den sehr sympathischen Figlmüller-Brüdern aus Wien zu tun und weiß auch, wie viel Schnitzel die verkaufen. Das tun sie, weil sie sagen: Wir haben das berühmteste Schnitzel Wiens. Gut, der Wiener wird vielleicht sagen, bei mir um die Ecke ist es noch viel besser. Egal. Mit diesem einen Satz positionieren sie sich so, dass sie der Schnitzel-Spezialist sind. Die müssen nicht mehr die große Warenvielfalt anbieten, die können viel besser einkaufen, die können ihre Leute, auch Angelernte, ganz klar auf ihre Prozesse trainieren, während so mancher immer jede Woche die Welt neu erfindet und immer mehr Produkte anbietet. Da muss man einfach Zahlen sprechen lassen: Was läuft, was nicht?

Dann muss ich als nächstes mir das Thema Vereinfachen ansehen. Alles, was der Gast nicht merkt und sieht, das kann ich auch vereinfachen. Also ich bestelle oder reserviere mittlerweile viel lieber online, denn da ist meine Adresse und mein Namen gespeichert, das mache ich mit einem Klick und das Ding sagt mir auch, wenn das Lokal ausgebucht ist, wo ich in der Nähe was anderes Nettes finde. Vor allem muss im Laden keiner ans Telefon gehen.

Oder noch schlimmer: Es geht gar keiner ans Telefon, passiert mir immer wieder. Einfach weil sie unterbesetzt sind.

Da hilft eben ein gutes Online-Reservierungssystem. Dann kann ich auch wieder ans Telefon gehen. Nicht jeder, der da anruft, will ja nur einfach einen Tisch bestellen. Vielleicht wollen die eine Feier ausrichten. Es wäre also gut, wenn da jemand ans Telefon geht… Oder wie wäre es mit einem modernen Kassensystem? Mittlerweile gibt es Kassensysteme, die erfassen automatisch meine wechselnde Wochenkarte, die generieren automatisch einen Facebook-Post, die transferieren die Infos in meinen Newsletter, den muss ich dann nur noch rausschicken. Viele Lieferanten bieten auch an, dass ich mit einem digitalen Formular bestelle. Und die Daten habe ich dann auch gleich im Warensystem.

Die HOGAST bietet das an.

Genau. Und dann habe ich bei der HOGAST auch die Möglichkeit, so meine Inventur zu machen. Das heißt, ich kann meine Warenbestände prüfen mit einer solchen Liste. Diese Kombination von Prozessen, die gibt mir einfach Zeit, mich als Chef um die Mitarbeiter, als Mitarbeiter um die Gäste oder als Koch um meine anzulernenden neuen Mitarbeiter zu kümmern. Aber das muss ich wirklich konsequent machen. Ich muss nur aufpassen, die USP, also die Unique Selling Proposition, mein Alleinstellungsmerkmal, vor lauter Technik nicht aus den Augen zu verlieren. Die Gastfreundschaft, der persönliche Kontakt, den muss ich behalten. Aber es ist mittlerweile kein Problem mehr, wenn ich eine große Fläche habe, zu sagen: Komm, ich setze einen Abräumroboter ein. Das finden die Leute doch auch lustig, oder? So etwas läuft seit einem Jahr bei mir in Frankfurt. Ein Betrieb, der sehr groß ist, setzt diese Roboter als Foodrunner ein. Das heißt, der Kellner ist persönlich am Tisch, hat viel Zeit, nimmt die Bestellung auf, berät. Wenn das Bestellte fertig ist, bekommt er die Meldung, dass der Foodrunner zu ihm unterwegs ist. Dann geht er zum Tisch und serviert ganz normal. Ich habe keine Mitarbeiter, ich habe hohe Kosten, also muss ich einfach anders denken.

Auch an Convenience?

Wir müssen uns auch durch Convenience in guter Qualität helfen lassen, das ist gar keine Frage.

Herkunftsangaben?

Ein guter Freund von mir hat eine Landkarte im Restaurant an der Wand hängen. Der ist Italiener und sagt: Guck mal, hier kriege ich meinen Käse her, und hier kriege ich das her und hier das. Und daneben hängt jeweils ein Polaroid. Da steht er dann mit dem Produzenten. Diese Landkarte vermittelt viel Authentizität, Transparenz und Glaubwürdigkeit. Da muss natürlich nicht jedes Produkt draufstehen, das ist klar. Und wenn ich in der Hauptsaison mal ein Convenienceprodukt in Topqualität habe und ich veredel das noch mit frischen Kräutern, dann ist das doch okay. Vor allem gibt es ein paar Produkte wie Roulade usw., die kann ich mir schon vorbereitet liefern lassen.

Convenience heißt ja nicht immer tiefgefroren wie früher. Die Kartoffeln sind halt schon geputzt und geschält. Oder der Salat gewaschen. Das sind alles Schritte, über die ich nachdenken muss. Aber wichtig ist eben auch diese Positionierung, Dinge wegzulassen. Wie in diesem Restaurant in Chicago. Also ich mache ja Trendtouren, da fahren viele Leute mit und dann gibt es welche, die sagen: Ich habe nur einen kleinen Betrieb, was soll ich in Chicago? Der wichtigste Konzeptmacher in Chicago sagte uns: Wir schauen jeden Monat auf jede Karte, von jedem Lokal, und streichen das Schlechteste weg und nehmen ein neues Gericht rein. Nie mehr als eins. Das Ergebnis: Am Ende des Jahres sind wir besser als am Anfang, in diesem besser als im Jahr davor. Das Problem ist das Streichen. Man kann sich nicht davon trennen. Der Herr Klöselhuber hätte doch gerne sein ganz besonderes Steak, aber er ist der Einzige, der das bestellt. Nein: Verkauft die Sachen, die euch ausmachen! Verkauft die Sachen, die wirtschaftlich sind. Das heißt, ich muss auch wissen, womit verdiene ich Geld? Oft ist es ja so: Der Kellner verkauft im guten Glauben das teure Filetsteak, aber das etwas günstigere Rumpsteak hat einen höheren Deckungskostenbeitrag. Der Kellner weiß das aber nicht. Das muss aber der Koch und der Wirt wissen und die müssen es ihren Mitarbeitern sagen.

Und der Gast freut sich, dass er nicht das Teuerste empfohlen bekommt. Und in Wirklichkeit haben wir einen besseren Profit. Das heißt also, ich muss mich auf weniger beschränken, ich muss mich auf das Profitable beschränken. Und ich muss auch manchmal Dinge sein lassen. Und es offen kommunizieren. Zumindest mit dem Team, dass alle an einem Strang ziehen.

Ja, das Team muss es wissen. Wir haben ja anfangs über die gute Behandlung der Mitarbeiter gesprochen. Dazu zählt auch offene Kommunikation, dass sie einfach wissen, wo steht der Betrieb und wie der Betrieb Geld verdient. Das ist im Endeffekt sehr wichtig. Das kennen wir doch alle: Der Chef erhöht um 20 Cent den Bierpreis und alle sagen: Na ja, wahrscheinlich, weil er sich ein neues Auto kaufen möchte… Da muss ich einfach transparenter sein.

Entertainment ist auch noch ein Punkt, den Sie in Ihrem Foodreport nennen.

Ja, das ist auch ganz wichtig.

Aber es ist halt die Frage, was man darunter versteht. Kellnerinnen auf Rollerblades? Laute Musik?

Wenn ich das Essen auf den Tisch geknallt kriege, dann ist das jetzt kein Entertainment. Außer, jemand mag so was Schroffes. Aber alleine, dass mir jemand mein Essen erklärt, also zum Beispiel sagt, das haben wir daher, das haben wir dorther. Oder wir haben ein paar Spezialitäten, weil unser Lieferant hat eine Sonderschlachtung gemacht usw. Ich finde es ganz wunderbar in Österreich, wenn auch bei einem simplen 1/8 Grüner Veltliner jemand an den Tisch kommt, die Flasche hält und sagt: Der ist aus dieser Region, von diesem Winzer. Und dann aus der Flasche einschenkt.

Noch besser, er lässt die Flasche auf dem Tisch stehen, man kann sie in Ruhe studieren und sich dann selbst nachschenken. Sehr verkaufsfördernd!

Das sind alles einfache Dinge. Also menschenfreundlich handeln, Menschen etwas erklären, die lernen auch gerne etwas. Jeder ist heute interessiert an Essen und Trinken. Dann sowas wie diese Landkarte an der Wand zu haben, sie den Mitarbeitern erklären und die Mitarbeiter erklären es den Gästen. Entertainment heißt nicht wie früher, dass da jemand alles flambiert und eine Riesenshow macht. Dazu gehört natürlich auch, dass wir ein schönes Ambiente haben, das zum Thema passt. Auch das ist eine Art von Unterhaltung und Erlebnis. Natürlich ist es wichtig, dass das Licht stimmt. Also es ist ganz furchtbar, wenn man irgendwo sitzt und es gibt drei warme Birnen und eine kalte. Weil jemand vergessen hat, die mit der richtigen Birne auszutauschen. Oder ich öffne die Toilettentür und bekomme so einen Neonschlag im Gesicht. Dann komme ich nicht in Stimmung. Oder schlechte Musik. Man braucht unbedingt eine gute Musikanlage.

Oder noch schlimmer: Beim Wirten läuft Radio Arabella!

Radiomusik für ein Wohlfühlambiete? Ich muss alles, was furchtbar ist, eliminieren. Dann muss ich anfangen, mit einfachen Mitteln den Menschen ein bisschen mehr zu bieten. Wenn ich es dann noch schaffe, dem ein I-Tüpfelchen aufzusetzen, habe ich gewonnen: Wenn ich den Suppenteller mit den Einlagen serviere und die Suppe kommt später drauf. Oder ich serviere eine Jakobsmuschel und jemand löffelt noch ein süßes Häubchen drauf. Das sind Kleinigkeiten. Aber wichtig.

Und das ist auch etwas, was im österreichischen Tourismus viele gut können. Das ist auch etwas, was die Italiener gut können. Die versprühen, wie ich immer sage, so eine Art Sternenstaub. Also man war da einmal. Beim zweiten Mal kennt der Kellner meinen Namen und sagt: „Pierre, möchtest du dich ans Fenster setzen? Ist ja dein Lieblingsplatz.“ Und ich war erst einmal da! Diese kleinen Nettigkeiten, das ist wie Sternenstaub verteilen und ich glänze auch ein bisschen, da bleibt immer was bei mir hängen. Der Guiseppe hat das vielleicht intuitiv drauf. Bei guten größeren Betrieben ist so etwas institutionalisiert. Obwohl der Betrieb größer ist als Guiseppes Ristorante, fühlen sich die Gäste sehr gut betreut. Das funktioniert mit ein bisschen Storytelling, wissen, was geschieht, ein bisschen Unterhaltung und vor allem viel Gastfreundschaft und Menschlichkeit.

Ich habe das in einem Tophotel an der Wiener Ringstraße erlebt. Die haben ein Morningbriefing gemacht, da hatte der Chef eine lange Liste mit den Gästen, die heute ankommen: Der kommt jetzt zum zweiten Mal und der will das und das. Das wurde richtig trainiert. Training für den Sternenstaub.

Aber es geht noch einen Schritt weiter: Wir waren jetzt in Singapur, im Mandarin Oriental. Wenn ich bei denen zum Frühstück hinkomme, hat der Mitarbeiter am Eingang einen Monitor, wo ihm von Gästen, die öfter kommen, ein Bild eingeblendet wird. Ich habe sie gefragt, wo sie die Bilder herhaben. „Das googeln wir“, haben sie geantwortet. „Irgendwo finden wir die Leute immer, auf Instagram oder auf ihrer Firmenseite.“ Das erzeugt wirklich einen Wow-Effekt, wenn ich da morgens hinkomme, erst das zweite Mal, und jemand sagt: „Guten Morgen, Herr Pierre, wieder den Tisch am Fenster?“

Pierre Nierhaus bietet auch „Trendexpeditionen“ an: Gemeinsam mit Gastronomen und Hoteliers fährt man in kleinen Gruppen in interessante Städte wie New York, London, Kopenhagen oder Berlin, um sich dort anzusehen, was sich Neues tut. Die nächsten Expeditionen gehen nach Berlin (21.-23. Juni), Kopenhagen (12.-14. Juli) und Chicago (19.-22. September).

Teil 1 des Interviews können Sie hier lesen.

Kernaussagen

„Ich muss mich auf meiner Karte auf meine Stärken beschränken, Sachen weglassen, wenn sie nicht zum Konzept passen. Sogar auch, wenn ich sie gut verkaufe.“

„Alles, was der Gast nicht merkt und sieht, das kann ich auch vereinfachen oder digitalisieren.“

„Entertainment heißt nicht wie früher, dass da jemand alles flambiert und eine Riesenshow macht.“

Interview: Thomas Askan Vierich
Titelbild: Pierre Nierhaus
28. März 2023
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